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Zu Bethlehem geboren
„… paßt das altdeutsche Haus schon nirgends zu der Szene, so am allerwenigsten in Bethlehem. […] Wollen Sie aus der Höhle (um sie als Stall erkennen zu lassen) einen Esel und ein paar Schafe herausschauen lassen?“
Graf von Ziethen-Schwerin, Vorsitzender des Jerusalemvereins zum Glasfensterentwurf für die Weihnachtskirche in Bethlehem
Mühsam schleppen Esel die Innenausstattung einer ganzen Kirche durchs judäische Bergland: Glasfenster, Altargerät, Orgel und Glocken für die Weihnachtskirche in Bethlehem. Vorher ist sie von Berlin aus auf dem Landweg, dann per Schiff unterwegs. Im selben Jahr 1893 wird die Weihnachtskirche im Geburtsort Jesu nach nur zweijähriger Bauzeit feierlich eingeweiht.
Die tiefe Ergriffenheit und Begeisterung der Deutschen für das Heilige Land hatte seinerzeit auch König Wilhelm IV. erfasst, er rief im Jahre 1841 den Berliner Jerusalemverein ins Leben, dessen Aktivitäten schließlich zur Errichtung der Weihnachtskirche in Bethlehem führten. Den Auftrag für den Bau erhielt der angesehene Berliner Architekt August Orth, der auch einige Kirchenbauten in Berlin entworfen hatte, darunter die Gethsemane- und die Zionskirche im Prenzlauer Berg.
Was die rote Backsteinarchitektur der Gethsemanekirche für Berlin, sind die hellen Kalksteinquader für das Heilige Land. Doch die Glasfenster mit ihrer intensiven Farbigkeit beeindrucken beidermaßen: soweit in Berlin erhalten steht der betende Christus dort im mittleren der drei Fenster, während in Bethlehem die ganze Lebens- und Leidensgeschichte erzählt wird. Da beide Entwürfe in Berlin entstanden sind, kommt es fast zwangsläufig zur Kollision zwischen europäisch tradierten Vorstellungen und der Szenerie der Heiligen Nacht am ursprünglichen Ort des Geschehens.
Frohe Weihnachten!