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Gegrüßet seist du, Maria

Jede deutsche Stadt hatte früher eine Kirche, die der heiligen Jungfrau gewidmet war. Die hieß dann Liebfrauen- oder schlicht Frauenkirche, Maria zu den Sieben Schmerzen oder gar Maria vom Siege. Mit dem Sieg war es im Zuge der Reformation aber bald vorbei. Während die Gottesmutter noch im Mittelalter eine verehrte Mittlerin zwischen dem armen Sünder und einem gestrengen Gott war, fiel diese Rolle im Protestantismus weg. Fortan stand Christus im Mittelpunkt und die Marienverehrung lebte lediglich in den katholischen Ländern weiter.

Natürlich wurden Marienkirchen im Mutterland der deutschen Reformation nicht umbenannt und Meißen behielt seine Frauenkirche wie Dresden oder Görlitz. Doch Bilderstürmereien waren seit den 1520er Jahren an der Tagesordnung, so 1522 in Wittenberg und (vermutlich) Meißen, vier Jahre später in Dresden und das Jahr darauf in Pirna. Kostbare Altäre, Statuen und Bildnisse wurden von einer rabiaten Menge zerstört, auch wenn manche Stifter gnädigerweise gewarnt wurden und vor der Aktion ihren Altar oder ihr Andachtsbild in Sicherheit bringen konnten.

Nur wenige Jahre vor diesen Ereignissen entstand der kleine Altaraufsatz, der im Meißner Stadtmuseum zu bewundern ist und dessen geschnitzter und gefasster Mittelteil eine reizende Maria mit dem Christuskind zeigt. Vermutlich für eine Familienkapelle geschaffen wurde er von Hans Wydyz, einem Bildhauer süddeutscher Schule, der lange Jahre erfolgreich in Straßburg und Freiburg arbeitete. Auf unbekannten Wegen gelangte der Altaraufsatz, dessen Hauptteil von zwei mit Heiligen bemalten Flügeln flankiert ist, ins Schloss Siebeneichen und über die Stiftung des Meißner Sammlers Otto Horn unter die gotischen Gewölbe auf dem Heinrichsplatz.

Frohe Weihnachten!