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Per Schiff in die Friedenskirche

Die Architektur der 1850 errichteten Friedenskirche ist an oberitalienische Klosterbauten angelehnt. Friedrich Wilhelm IV. selbst hatte einen Entwurf skizziert und sich dabei an San Clemente in Rom orientiert. Das byzantinische Mosaik aus teils vergoldeten Glassteinchen in der Apsis ist jedoch wirklich alt – es stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert und zeigt Christus als Weltenrichter umgeben von Maria und Johannes dem Täufer sowie dem Heiligen Petrus und Cyprian. Nördlich der Alpen ist das Mosaik einzigartig und von herausragender Qualität. Der Kronprinz erwarb das Kunstwerk aus einem aufgelassenen Kirchenbau auf Murano bei Venedig und ließ es in 111 Einzelteilen nach Potsdam verschiffen.
Das vom Festland abgeschottete Murano war für die Glasherstellung so berühmt, dass der Sonnenkönig Spione nach Venedig entsandte, um hinter das Geheimnis der Fertigung von Spiegeln zu kommen. Dieses Wissen nutzte er, um den berühmten Spiegelsaal von Versailles zu realisieren.

Frohe Weihnachten!

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Teamwork

Musizierende Affen und ein roter Papagei bevölkern das Innere des Chinesischen Teehauses. Auf den Stufen des exotischen Gebäudes hat sich eine goldene Teegesellschaft zum Sonntagstee versammelt.
Seit dem 17. Jahrhundert gelangte durch die Ostindischen Handelsgelsellschaften Tee und Seide nach Europa. Doch zu ihrer gemeinschaftlichen Nutzung fanden die beiden Exportwaren erst 1908 in den USA – und das aus Zufall. Um Teeproben zu versenden, füllte der Teehändler Sullivan den Tee in kleine Seidenbeutel. Die Kundschaft tauchte den Tee samt Beutel in das heiße Wasser. Der Teebeutel war geboren. Seide erwies sich jedoch als zu fein und erschwerte den so wichtigen Kontakt von Wasser und Tee. In Folge entwickelte Sullivan Teebeutel aus groberem Baumwollmull, wie er beispielsweise zur medizinischen Wundbehandlung verwendet wird. Später benutzte er Papier.

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Musicalisches / Opfer / Sr. Königlichen Majestät in Preußen &c. / allerunterthänigst gewidmet / von / Johann Sebastian Bach.

Mit der „Preußischen Fuge“ verdankt die Welt eines der grossen musikalischen Werke nicht nur ihrem Schöpfer Johann Sebastian Bach, sondern auch dem Preußenkönig Friedrich.
Als Cembalist war Carl Philipp Emanuel Bach, der zweite und bekannteste Sohn Johann Sebastian Bachs, am Hofe Friedrichs angestellt. Bei einem Besuch in Potsdam wurde der alte Bach zum König beordert. Bach bat den König, ihm ein Fugenthema vorzugeben, dass er dann aus dem Stegreif dreistimmig spielte. Als der König das Thema sechsstimmig wünschte, gelang dem großen Musiker die Ausführung nicht. Zurück in Leipzig arbeitete der von seinem Ehrgeiz angestachelte Komponist das königliche Thema aus und es entstand die Komposition „Das musikalische Opfer“.
Friedrich der Große liebte die Musik. Die Querflöte, die der König virtuos beherrschte, liegt heute im Konzertzimmer von Sanssouci, er selbst komponierte 121 Flötensonaten, Konzerte, Arien, Opern und Sinfonien.

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Es klappert die Mühle …

Das Geklapper der Windmühle in Sanssouci ist in die Geschichte eingegangen. Die Legende, dass Friedrich das derart störte, dass er den Müller verklagt und dieser mit dem Kammergericht gedroht habe, hält sich hartnäckig.
Richtiger aber ist diese Version:
Schloss Sanssouci war noch nicht gebaut, da betrieb der als streitsüchtig und unleidlich bekannte Müller Grävenitz bereits die Holländerwindmühle auf dem Kahlen Berg. Als Friedrich der Große gleich nebenan das Schloss Sanssouci in Auftrag gab, beklagte sich der Müller schon während der Baumaßnahmen, das Schloss sei dem Wind im Wege und verlangte vom König die Finanzierung einer Ersatzmühle. Der Landwirtschaft zugetan, bewilligte sie ihm der König.

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Heimweh

Das goldene Mädchen füttert ihren ebenfalls goldenen Papagei auf einer fünf Meter hohen Säule aus Glas. Hergestellt wurde die kannelierte Säule in einer Glashütte in Schlesien. Die weiß-blaue Farbgebung der Glasröhren sollte, ebenso wie die Farben am Schloss Charlottenhof, das Heimweh der Königin Elisabeth Luise nach ihrer bayerischen Heimat lindern. Ihren Platz fand die Skulptur im Marlygarten.
Lange bevor der von König FriedrichWilhelm IV. liebevoll „Gartengeneral“ genannte Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné in diesem Stück Natur Hand anlegte, befand sich hier der Lust- und Küchengarten des Soldatenkönigs. Allerdings hatte er ihn vom Vorplatz des Potsdamer Stadtschlosses an den Stadtrand verlegen lassen; wie schon in Berlin war ihm wohl die Fensteraussicht auf exerzierende Soldaten lieber als auf Kohl und Rüben.

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Hündische Sehnsüchte

„Folichon: Allerliebste Hündin. Ich liebe und bete Dich an. Ich schmachte seit unserer Trennung nach Dir. Schwermütig verbringe ich meine Zeit zu Füßen meiner Herrin.“

Einen seltsamen Briefwechsel führten Friedrich und seine Schwester Wilhelmine. Nein, nicht die Schwester führte hier die Feder, es ist ihr Zwergspanielrüde, der diese herzergreifenden Zeilen an die Lieblingshündin des Königs richtet. Der frankophile König nannte den ersten Windhund an königlichem Hofe „Biche“, Hirschkuh.
Als Biche starb, wurde sie in einem Sarg als erste von elf Windhunden auf der Schlossterrasse von Sanssouci beerdigt; eine Sandsteinplatte trägt ihren Namen. Erst spät, im Jahre 1991, erfüllte sich der Wunsch des Königs – in einem feierlichen Akt wurden seine Überreste an den Ort überführt, den er sich zu Lebzeiten bestimmt hatte – auf die Schloßterrasse von Sanssouci. Einzig die Inschrift und die regelmässig auf das Grab gelegten Kartoffeln unterscheiden seine letzte Ruhestätte von der seiner Lieblingstiere.

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… im Westen wird sie untergehn, im Norden ist sie nie zu sehn.

Ein Steinklotz vor den Römischen Bädern – ebenfalls mit den Initialen FW – straft mit diesem Merkspruch, der Generationen von Schülerinnen und Schüler begleitete, Lügen. Auf dreissig Sonnenuhrzifferblättern nach Osten, Süden, Westen aber auch im Norden kann man auf ihm bei Sonnenschein die Zeit ablesen. Denn auch im Norden kann, wider vermeintlich besseren Wissens, die Sonne scheinen. Je weiter man in Europa nach Norden geht, desto weiter sieht man im Hochsommer die Sonne, die dann um eine Hauswand „herum” die Nordseite eines Gebäudes oder auch – im Fall der Neigung der nördlichen Hauswand – über die Dachkante hinweg einen Gnomon – einen Zeiger – beleuchten kann.
Goldene Sonnen in alle vier Himmelsrichtungen strahlen an den schmiedeeisernen grünen Gartenpavillons.

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Grand Tour !!!!!!

Zum Abschluß ihrer Erziehung wurden Adelssprosse auf große Fahrt geschickt. Mit eigenen Augen sollten sie sich ein Bild von Europa und den berühmten historischen Stätten machen. Grand Tour nannte man diese Bildungsreise. Der künstlerisch veranlagte Kronprinz Friedrich Wilhelm besuchte 33-jährig den italienischen Stiefel. Von seinen Aufenthalten dort schrieb er glühende Briefe an seine Gattin.
„Mir wird schwiemlich; Genua hat mir völlig den sehr vielen Verstand der mir seit dem Ingresso in Italia noch übrig blieb geraubt. […] wo wir das Mittel Meer zuerst sahen, bekam ich einen Stoß & nun mit jedem Schritt Berg ab! wo die Vegetazion mit unsrem Wege wuchs, endlich waren Cypressen, 100 Pergole, immergrüne Eichen, Pinien, Aloe, Myrthen, Orangen !!!!!!! & zu letzt das brausende Meer, daß sich donnernd an den Grundfesten der Straße & des großen Pharus brach! Dort ein Schritt um die Ecke & ganz Genua vor den Augen !!!!!!!!!“
Mit seiner Thronbesteigung 1840 brach sich die Italienbegeisterung Friedrich Wilhelm IV. endgültig Bahn. Schloss Charlottenhof, Römische Bäder, Friedenskirche oder Orangerieschloss verleihen Potsdam seitdem italienisches Flair.
Die blattvergoldeten Initialen des König FW IV. zieren das Grüne Gitter seitlich der Friedenskirche. Es ist der Haupteingang zum Schlosspark Sanssouci.

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Odyssee in Potsdam

Als Stanley Kubrick seinen Film „Barry Lyndon“ drehte, legte er grossen Wert darauf, die Geschichte des Hochstaplers aus dem 18. Jahrhundert an Originalschauplätzen zu drehen. Da die Wirren des Siebenjährigen Krieges Barry auch in das Berlin Friedrich des Grossen verschlugen, wollte der Meister natürlich auch im Herzen Preussens drehen.
Der Bühnenbildner Jan Schublach suchte dafür in ganz Deutschland die passenden Drehorte. Die DDR, für Devisen immer empfänglich, gestattete dem Filmteam schließlich die Einreise in den Osten. Im Film fährt nun eine Kutsche durch die Prachtstraße „Unter den Linden“. In Wirklichkeit aber ist das Gefährt zwischen Neuem Palais und den Communs unterwegs. Das holprige Pflaster der „Mopke“ hatten die Requisiteure eigens für diese Szene unter einer dicken Schicht Sand versteckt.

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G L = Grosses Licht

Drei Jahre verbrachte der große Philosoph Voltaire am Hofe Friedrichs in Sanssouci und nahm an den Tischrunden des Königs teil.
Friedrich über Voltaire:
„In unserer kleinen Gesellschaft löscht das große Licht unseres Dichters das schwache Licht der Kerzen aus; er, und er allein, hat Geist, und wir haben das Vergnügen, ihm zuzuhören.“

Die Korrespondenz der beiden war geprägt von scherzhaften Codes. So stand
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100
„Hundert unter sechs“ (auf Französisch „cent sous six“) für Schloss Sansoucci.

Lud der König den Schriftsteller, Philosophen und Geschäftsmann zum Essen ein, antwortete der mit

G a

G Grand a petit woraus sich dann ein „Grosser Appetit ergab (klein gleich petit).

Das als Voltairezimmer bekannte Gemach im Schloß bewohnte dieser jedoch nicht.

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Königlicher Wasserspeier

Der Italienverehrer König Wilhelm IV. ließ sich die Römischen Bäder von seinem Stararchitekten Schinkel erbauen, nahm selber aber auch – künstlerisch durchaus begabt – mit Skizzen und Entwurfszeichnungen Einfluß auf dessen Pläne. Seiner Leibesfülle wegen gab sich der König im Familienkreis selbstironisch den Beinamen Butt. In Anspielung darauf wirkte der Bildhauer Daniel Rauch: er schuf einen wasserspendenden Butt aus Zink für den Zugang der Römischen Bäder.
„Scholle auf dem Trockenen“ nennt der Volksmund den steinernen Buttbrunnen am Alten Museum auf der Museumsinsel, für dessen Restaurierung sich auch Günter Grass (Der Butt) einsetzte. Vorbild für den Berliner Plattfisch stand der Wasserspeier in Sanssouci.

Für den großen Adventskalender Sanssouci lesen Sie bitte unter „Alle offenen Türchen“ die Nummer 3

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Am Weinberg des Herrn

Unter den Wirtschaftsgebäuden des Neuen Palais, den Communs, ging die Post ab. Hier befindet sich seit 1999 der Studentenklub „Nil“, wo sich unterirdisch bis vor Kurzem nicht nur Studis von der Uni Potsdam mit Wein und Musik den Kopf frei pusteten. Schon zu DDR-Zeiten war das katakombenartige Gewölbe ein beliebter Treffpunkt.
Der Weg zum Weinberg ist nicht weit. Angelegt und bestellt wurde er von dem ehemaligen Gardesoldat Werley. Werley stammte aus dem Rheinland und wollte die heimatliche Weinbaukultur nach Potsdam holen. Der zukünftige Winzer sollte auch nahe der dionysischen Wirkungsstätte Quartier beziehen – als Wohnung ließ Friedrich ihm das Drachenhaus errichten. Doch leider fiel Werley in Ungnade. Es ist ungeklärt, ob wegen Intrigen der gestandenen Gärtner am Hof, die sich von einem rheinländischen Soldaten nichts haben sagen lassen wollen, oder wegen schlechter Erträge. Das hübsche Haus blieb daraufhin bis 1787 leer. Seit 1934 wird es gastronomisch bewirtschaftet.

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Am seidenen Faden

Der Sage nach soll die chinesische Kaiserin Si Ling Chi um 3000 vor Christus beobachtet haben, wie eine unscheinbare Raupe, die von einem Baum in ihren Tee gefallen war, sich in einen glänzenden Faden einwickelte.
Lange Zeit gelang es China, das Geheimnis der Seidenherstellung zu bewahren und so den Preis des luxuriösen Gewebes enorm hoch zu halten – in Rom wurde Seide mit Gold aufgewogen. Das Kaiserreich im Fernen Osten wusste die Bemühungen der Spione aus der ganzen Welt mit Ablenkungsmanövern und Falschaussagen zu unterlaufen.
Schließlich gelang es dann doch. Auf Anweisung des byzantinischen Kaisers sollen um 200 nach Christus zwei listige Mönche Maulbeerbaumsamen und Raupeneier aus einer Zucht entwendet und in ihren ausgehöhlten Wanderstöcken versteckt, nach Europa geschmuggelt haben.
Wie kein anderer preußischer Herrscher förderte Friedrich II. die Seidenproduktion. Um Preußen von ausländischen Lieferungen unabhängig zu machen, ließ er Plantagen mit Maulbeerbäumen anlegen. 1784 standen in Potsdam und Umgebung 21 000 Maulbeerbäume.
Das zu kühle Klima Brandenburgs, Krankheiten der Raupen und die arbeitsintensive Pflege ließen das preußische Experiment jedoch scheitern.

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Fernöstliche Exotik

Ob chinesisches Porzellan, Lackarbeiten, Seiden- und Papiertapeten oder ganze Bauwerke, die Chinabegeisterung im Barock war europaweit.
Mit der Errichtung des Drachenhauses kamen gleich 16 fernöstliche, aus Blech getriebene, vergoldete Drachen auf den königlichen Weinberg nach Sanssouci. Abgeschaut hatte sich Friedrich die Drachen von der großen Pagode in den englischen Kew Gardens. Das Drachenhaus selbst war inspiriert von der Ta-Ho-Pagode in Guangzhou.
Das mit den Schuppen eines Karpfens besetzte chinesische Fabelwesen mit Tiger ähnlichen Tatzen und Adlerkrallen, dem Kopf eines Dromedars, einem Hirschgeweih, langen Schnurrhaaren und einer löwenartigen Mähne ist gewöhnlich von friedfertiger Wesensart, anders als sein gefährlicher europäischer Verwandter – solange man gut mit ihm umgeht. Der chinesische Wolpertinger kann Regen herbeiholen und Quellen entstehen lassen. Wird er mit fünf Zehen dargestellt, ist er das Symbol des chinesischen Kaisers.

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Schmucke Attrappen

Um das im Winter fußkalte Schloss Sanssouci auf zumindest annehmbare Temperaturen zu bringen, heizten die Diener die Kamine mit Feuerholz. Wenn sie die Holzscheite nachlegten, griffen sie nicht in eine Kiste, denn fein säuberlich gestapelt war das Holz in einer Feuerholzkommode verborgen, die ihre Schubladen nur vortäuschte.
Im Neuen Palais dagegen hielt mit den deutschen Kaisern, die das Schloss zu ihrem Familienwohnsitz machten, die Moderne in Form einer Zentralheizung Einzug. Allerdings war der Verbrauch an Brennmaterial enorm. Drei Tonnen Steinkohle, zwei Hektoliter Koks und sieben Festmeter Erlenholz verfeuerte man täglich bei einer Außentemperatur von 0 Grad Celsius.

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Steinerne Machtdemonstration

Das zierliche Schloss Sanssouci mit seiner sparsamen und punktgenau eingesetzten Dekoration ließ der kunstsinnige Philosophenkönig Friedrich bauen. Als derselbe König einige Jahre später das Neue Palais in Auftrag gab, tat er das als Macht demonstrierender Staatsmann: 267 überlebensgroße Statuen, 196 Putten, 244 Fensterschlußsteine. Lob bekam er von seinen Architekten Manger und Knobelsdorff nicht. Manger äußerte sich „über den sonderbaren Steinklumpen, auf dessen Balustraden Jahrmarkt mit Puppen gehalten wird“ (wozu er auch die ellyptischen Fenster mit den Engelsköpfen rechnete). Knobelsdorff soll sich angesichts der ungeheuren Anzahl von 244 Schlußsteinköpfen am Neuen Palais wütend geäußert haben „es sähe gar keinem Wohnorte eines christlichen Königs von Preußen, sondern einem türkischen Serail ähnlich, an dem viel abgeschlagene Köpfe zu finden sind“.

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Beredter Helmschmuck

Friedrich der Große und seine Schwester Wilhelmine standen sich Zeit ihres Lebens sehr nahe. Beide liebten sie Kunst, Literatur und Musik und schrieben sich zahlreiche Briefe. Als Wilhelmine starb, stürzte ihr Tod den Bruder in tiefe Verzweiflung. Zum Gedenken an die geliebte Schwester errichtete Friedrich den Tempel der Freundschaft unweit des Neuen Palais, auf dessen Säulen runde Reliefporträts antiker Freundschaftspaare angebracht sind.
Die Helme der griechischen Freunde Nisos und Eyrialos sind dabei mit einem Salamander bekrönt. In der Mythologie steht der Salamander als eines der Elementarwesen für das Feuer. Er soll im Feuer leben können ohne von ihm verbrannt zu werden.

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Gut Kirschen essen

Als der römische Feldherr und Genießer Lucullus 74 v. C. siegreich aus der Hafenstadt Kerasus am Schwarzen Meer zurückkehrte, präsentierte er dem römischen Kaiser nicht nur die goldene Statue des Königs Mithridates. Auf seinem Triumphzug durch Rom soll er ihm auch eine bis dahin in Europa unbekannte Frucht überreicht haben – die Kirsche in Form eines kleinen Bäumchens.
Die Kirsche, deren Name sich in vielen europäischen Sprachen direkt von der Stadt Kerasus herleitet, gehörte bereits in der Antike zu den auserlesenen Früchten königlicher Tafeln und war die erklärte Lieblingsfrucht Friedrichs des Großen. Insgesamt fünf „Kirsch-Quartiere“ ließ Friedlich ab 1747 im Park Sanssouci anlegen, wo im Kirschgarten vor den Neuen Kammern auch heute wieder zahlreiche historische Kirschsorten wachsen.

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Zerbrechliches Diebesgut

Für frische Blumen taugt dieses Behältnis nicht, doch Schnittblumen waren zur Zeit Friedrich des Großen ohnehin nicht üblich. Mit seinem an traditionellem Korbgeflecht angelehnten Muster dient dieses amphorenartige Gefäss einzig der Dekoration.
Das prächtige Beispiel aus Meißner Porzellan steht im Neuen Palais, denn der preußische König ließ während des Siebenjährigen Krieges unzählige Kisten voller wunderbarer Stücke  aus der von seinen Truppen besetzten Porzellanmanufaktur in Meißen nach Potsdam schaffen. Er selbst besuchte die Manufaktur mehrfach und verteilte dort mit großer Kennerschaft Aufträge für Tafelservices und Einzelstücke, wurde sogar später selbst zum Unternehmer. Die Manufaktur im heimatlichen Preußen machte er zur Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM Berlin), als Zeichen dient ihr bis heute das Zepter Friedrichs des Großen.

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Schwächelnder Neptun

Der „Grottenmode“ des Rokoko verdankt Sanssouci ein muschelverkleidetes offenes Gebäude, auf dessen Dach der Meeresgott Neptun höchstselbst, auf zwei Delphinen stehend, den Dreizack hebt. Doch aus den Krügen der Wassernymphen zu beiden Seiten ergoß sich lange Zeit kein Wasser in die Muschelschalen, denn die von Friedrich dem Großen erdachten „Wasserkünste“ für Sanssouci scheiterten an technischer Unkenntnis. Selbst Spezialisten aus den Niederlanden vermochten den Höhenunterschied von 42 Meter von der Havel zum Schloss nicht zu überwinden.
Erst mit der Dampfmaschine griff moderne Technik Neptun im Jahr 1842 unter die Arme. Friedrich Wilhelm IV. ließ ein Dampfmaschinenhaus im orientalischen Stil erbauen, von dem aus fortan das Wasser in die Höhe gepumpt wurde.

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Was der Bauer nicht kennt …

Die von den Conquistadoren nach Europa mitgebrachte Kartoffel setzte sich in Europa nur langsam durch. Anfangs aßen die Menschen die oberirdischen Früchte, was zu starken Bauchschmerzen führte und der Kartoffel den Ruf einer Giftpflanze eintrug.
Friedrich der Große hatte die Bedeutung der unscheinbaren Knolle für die Bekämpfung des Hungers schnell erkannt und setzte mit einem „Kartoffelbefehl“ den Anbau in den preußischen Provinzen durch. Die als sehr widerspenstig geltenden brandenburgischen Bauern kamen dem Befehl jedoch nicht nach und so griff Friedrich, wie der Volksmund berichtet, zu einer List: Er ließ rund um Berlin Kartoffelfelder anlegen und streute das Gerücht, die Früchte seien ausschließlich für die königliche Tafel bestimmt. Als die Bauern daraufhin die Kartoffeln stahlen, stellten sich die Wachen auf königlichen Befehl hin schlafend. Die Diebe pflanzten nun die mit Bedeutung aufgeladenen Pflanzen heimlich auf ihre Äcker und verbreiteten die Kartoffel so in Preußen.

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Göttliche Kalamitäten

Vierzehn vergoldete Stuckreliefs in den „Neuen Kammern“ zeigen Darstellungen der Metamorphosen des römischen Dichters Ovid und zeugen von den Bestrebungen des Hausherren, seine Regentschaft in der Tradition der Antike zu inszenieren. Nicht umsonst heisst es, dass wer Sanssouci lesen will, die Literatur der Antike lesen muss.
Thema der Metamorphosen ist die Verwandlung. Meist verwandelt sich dabei ein Mensch oder niederer Gott in eine Pflanze, Tier oder Sternbild.
Während Apoll sich umsonst um die Liebe Daphnes bemüht – sie entkommt ihm, indem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelt – verschmäht er selbst die Avancen von Clythia. Aus Trauer setzt sie sich nackt auf einen Felsen, ißt und trinkt nicht und verwandelt sich schließlich in eine Sonnenblume, deren Blüte stets auf den Sonnenwagen Apolls gerichtet ist.
Auf einer der Szenen berührt Apoll mit der linken Hand die Blüte. Mit der anderen Hand hält der Gott der Musen eine Lyra.

Zum Türchenbild 3 des großen Sanssouci-Adventskalenders
Eigentlich passieren keine Fehler, zwischen den Bildern des großen und des kleinen Sanssouci-Kalenders scheint es aber im Druck eine Türchenverwechslung gegeben zu haben.

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Exotische Enten

Die Geschichte der auffallend hübschen Enten, die sich heute auf den Parkgewässern von Sanssouci tummeln, ist geprägt von einer abenteuerlichen Flucht.
In den Wirren des Kriegsendes 1945, zwischen Strassenkampf und Dauerbeschuss, entkamen ihre aufgeschreckten Ahnen aus dem Zoologischen Garten in Berlin. Seitdem bevölkern sie die umliegenden Seen in der Gegend etwa in Charlottenburg, die Pfaueninsel weiter westlich und eben den Schlosspark von Sanssouci im Osten.
Die farbenprächtigen Mandarinenten aus der Gattung der Glanzenten sind ursprünglich in Ostasien beheimatet. Allerdings haben ihre Bestände dort stark abgenommen und ihre Populationen in Europa heute größer als in Asien.
Ihrer monogamen Lebensweise wegen gelten sie in China als Symbol ehelicher Treue.

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Ein König wird versteckt

Sein Überleben verdankt das Reiterstandbild des preußischen Königs Friedrich des Grossen einer konspirativen Aktion. Die Bombardierung Berlins im Zweiten Weltkrieg hatte das Denkmal des Bauherren von Schloss Sanssouci noch schadlos überstanden – eingemauert an seinem ursprünglichen Platz „Unter den Linden“. 1950 jedoch, rückte ihm der Magistrat von Gross-Berlin, Demokratischer Sektor (so die offizielle Bezeichnung Ost-Berlins, das formell wegen des Viermächte Status immer eine Sonderrolle spielte); 1950 also, rückte der SED Magistrat dem Reiterdenkmal, das so gar nicht in den realexistierenden Sozialismus passen wollte, zu Leibe und ließ es, in Einzelteile zerlegt, nach Potsdam transportieren. Als das Denkmal im Zuge des stalinistischen Furors sogar eingeschmolzen werden sollte, wußten das der Kulturminister der DDR und ein paar Kunstfreunde mit Kenntnis des Direktors der Schlösser und Gärten in Potsdam erfindungsreich zu verhindern: „Der König kam auf den Tieflader … dann fuhren sie dort in Potsdam in einer regnerischen Nacht einmal ums Karree und luden die Pracht an anderer Stelle im Park wieder ab.“ (aus einem Interview mit Hans Bentzien, Minister für Kultur der DDR, 1997)

Bis zur Rehabilitation des Alten Fritz durch die DDR-Regierung lagerte das Denkmal gut versteckt in Sanssouci, wurde dann im Hippodrom nahe der Sommerresidenz Schloss Charlottenhof wieder errichtet und schließlich an seinen Originalstandort in Berlin zurückgebracht.
Eine verkleinerte Marmorkopie des Reiterstandbildes – der preußische Staatsmann in Uniform, Hermelin und Dreispitz – befindet sich seit 1865 unbehelligt bei der Neuen Orangerie in Sanssouci.