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Unter den Augen tanzender Pferde
Als am 28. Mai 1927 der Presseball zur Deutschen Theaterausstellung eröffnet wurde, hofften die Stadtväter noch, dass dieses Ereignis international hohe Wellen schlagen würde. Die Welt rieb sich die Augen, was die Stadt in der mitteldeutschen Provinz, bisher nicht durch besondere Kulturlastigkeit aufgefallen, auf die Beine gestellt hatte.
Ein ganzes Ensemble aus Stadthalle, Pferdetor, Aussichtsturm und einer Versuchsbühne war im Stil des Neuen Bauens aus dem Boden gestampft worden, eine beispiellose Werbekampagne begleitete das Ereignis, die Elite der deutschen Bühnenwelt war geladen. Alfred Kerr, Eduard Künneke, Heinrich George und Walter Hasenclever kamen ebenso wie das Moskauer Meyerhold-Theater. Fritz Busch dirigierte das Eröffnungskonzert und lobte die phantastische Akustik der neuen Stadthalle. Klaus und Erika Mann zeigten mit Pamela Wedekind und Gustav Gründgens ihre skandalöse „Revue zu Vieren“, Mary Wigman, Oskar Schlemmer und Anna Pawlowna nahmen am Tänzerkongress teil.
Die viereinhalb Monate dauernde Ausstellung machte Magdeburg für einen Augenblick zur kulturellen Welthauptstadt, um den Preis eines Defizits von 441.000 Reichsmark in der Kasse der Mitteldeutschen Ausstellungsgesellschaft und den Lohn eines viel beachteten überregionalen Messeplatzes. Zu Ende des II. Weltkriegs sank alles in Schutt und Asche. Später entschied sich die SED-Führung zum leider nicht wirklich originalgetreuen Wiederaufbau der Stadthalle, die seit ein paar Jahren modernisiert wird und aus dem Kulturleben Magdeburgs nicht wegzudenken ist.