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נס גדול היה שם („Ein großes Wunder geschah dort“)

Das dunkle Jahresende wird erleuchtet durch Feiertage, in denen Hoffnung und Licht eine wichtige Rolle spielen. Während sich Christen auf das Weihnachtsfest einstellen, gedenken Juden auf der ganzen Welt des siegreichen Aufstands gegen die griechisch-syrische Fremdherrschaft und der Wiedereinweihung des zweiten Tempels, wie es im Talmud und bei Flavius Josephus überliefert ist. Beginnend am 25. Kislew, dem dritten Monat des jüdischen Jahres, dauert das Chanukka- oder Lichterfest acht Tage lang und erinnert auch an das Ölwunder, das sich im Jahr 3597 (164 v. Chr.) zugetragen haben soll.

Als nämlich nach dem Sieg der Tempel in Jerusalem von allem Heidnischen gereinigt werden musste, fand sich nur noch ein Rest geweihten Öls. Die Herstellung neuen Öls dauerte jedoch acht Tage, die Menora, der siebenarmige Leuchter im inneren Bereich des Heiligtums, durfte aber nie erlöschen. Wunderbarerweise brannte der kleine Rest die ganzen Tage hindurch und so strahlt zu Chanukka jeden Abend eine weitere Kerze an einem besonderen Leuchter, der acht Arme hat. Manchmal hält ein neunter eine „Diener“ genannte Kerze, mit der die anderen entzündet werden.

Chanukka ist ein Familienfest, mit Gottesdiensten, Besuchen, Spielen und Geschenken und natürlich besonderen Speisen, die wie Latkes, eine Art Kartoffelpuffer, oder Sufganiot genannte Krapfen mit Öl zubereitet werden. In Magdeburg wurde erstmals 2017 ein öffentlicher Chanukka-Leuchter aufgestellt. Das Bild hier zeigt ein Fenster der Trauerhalle auf dem israelitischen Friedhof in Sudenburg.


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נס גדול היה שם („Ein großes Wunder geschah dort“)

Das dunkle Jahresende wird erleuchtet durch Feiertage, in denen Hoffnung und Licht eine wichtige Rolle spielen. Während sich Christen auf das Weihnachtsfest einstellen, gedenken Juden auf der ganzen Welt des siegreichen Aufstands gegen die griechisch-syrische Fremdherrschaft und der Wiedereinweihung des zweiten Tempels, wie es im Talmud und bei Flavius Josephus überliefert ist. Beginnend am 25. Kislew, dem dritten Monat des jüdischen Jahres, dauert das Chanukka- oder Lichterfest acht Tage lang und erinnert auch an das Ölwunder, das sich im Jahr 3597 (164 v. Chr.) zugetragen haben soll.

Als nämlich nach dem Sieg der Tempel in Jerusalem von allem Heidnischen gereinigt werden musste, fand sich nur noch ein Rest geweihten Öls. Die Herstellung neuen Öls dauerte jedoch acht Tage, die Menora, der siebenarmige Leuchter im inneren Bereich des Heiligtums, durfte aber nie erlöschen. Wunderbarerweise brannte der kleine Rest die ganzen Tage hindurch und so strahlt zu Chanukka jeden Abend eine weitere Kerze an einem besonderen Leuchter, der acht Arme hat. Manchmal hält ein neunter eine „Diener“ genannte Kerze, mit der die anderen entzündet werden.

Chanukka ist ein Familienfest, mit Gottesdiensten, Besuchen, Spielen und Geschenken und natürlich besonderen Speisen, die wie Latkes, eine Art Kartoffelpuffer, oder Sufganiot genannte Krapfen mit Öl zubereitet werden. In Magdeburg wurde erstmals 2017 ein öffentlicher Chanukka-Leuchter aufgestellt. Das Bild hier zeigt ein Fenster der Trauerhalle auf dem israelitischen Friedhof in Sudenburg.


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Unter den Augen tanzender Pferde

Als am 28. Mai 1927 der Presseball zur Deutschen Theaterausstellung eröffnet wurde, hofften die Stadtväter noch, dass dieses Ereignis international hohe Wellen schlagen würde. Die Welt rieb sich die Augen, was die Stadt in der mitteldeutschen Provinz, bisher nicht durch besondere Kulturlastigkeit aufgefallen, auf die Beine gestellt hatte.

Ein ganzes Ensemble aus Stadthalle, Pferdetor, Aussichtsturm und einer Versuchsbühne war im Stil des Neuen Bauens aus dem Boden gestampft worden, eine beispiellose Werbekampagne begleitete das Ereignis, die Elite der deutschen Bühnenwelt war geladen. Alfred Kerr, Eduard Künneke, Heinrich George und Walter Hasenclever kamen ebenso wie das Moskauer Meyerhold-Theater. Fritz Busch dirigierte das Eröffnungskonzert und lobte die phantastische Akustik der neuen Stadthalle. Klaus und Erika Mann zeigten mit Pamela Wedekind und Gustav Gründgens ihre skandalöse „Revue zu Vieren“, Mary Wigman, Oskar Schlemmer und Anna Pawlowna nahmen am Tänzerkongress teil.

Die viereinhalb Monate dauernde Ausstellung machte Magdeburg für einen Augenblick zur kulturellen Welthauptstadt, um den Preis eines Defizits von 441.000 Reichsmark in der Kasse der Mitteldeutschen Ausstellungsgesellschaft und den Lohn eines viel beachteten überregionalen Messeplatzes. Zu Ende des II. Weltkriegs sank alles in Schutt und Asche. Später entschied sich die SED-Führung zum leider nicht wirklich originalgetreuen Wiederaufbau der Stadthalle, die seit ein paar Jahren modernisiert wird und aus dem Kulturleben Magdeburgs nicht wegzudenken ist.


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Der Weg hinauf und hinab ist ein und derselbe

Auch wenn man es schon anders gehört hat: In einem Labyrinth wie dem von Chartres kann man nicht fehlgehen. Folgt man dem Pfad und den vielen Kehren, hat man oft den Eindruck, man bewegte sich nicht mehr auf den Mittelpunkt zu, sondern entferne sich im Gegenteil von ihm. Wie im wirklichen Leben muss man innehalten, sich wenden und weiter auf den Weg machen. Labyrinthe sind Initiationsriten, ihr Durchschreiten Meditationen auf dem Weg ins Innere und wieder zurück.

Christliche Labyrinthe wie das auf dem Magdeburger Domplatz waren besonders in den mittelalterlichen Kathedralen Nordfrankreichs zu finden, das bekannteste das von Chartres, das vielen nachfolgenden seinen Namen gab. Platziert waren sie vor dem Altarraum und wurden später auch zum Ersatz für eine Pilgerfahrt für Menschen, die sich den Weg nach Jerusalem nicht leisten konnten. Chroniken überliefern, dass Geistliche im Anschluss an die Osternacht in einer Art Schreittanz den Pfad abschritten, Symbol für die Erlösung und den Sieg des Lebens über den Tod.

„Ich tanze Herr, wenn du mich führst“, schrieb im 13. Jahrhundert die große Mystikerin Mechthild von Magdeburg, die in der Stadt lange als Begine und in der Fürsorge für ihre Mitmenschen lebte. Wer will, kann es ihr heute nachtun, auf einem Weg von 287 Metern Länge, über 47.000 Mosaik-Pflastersteine aus Muschelkalk hinweg, die mit türkischem Basalt eingefasst sind, bis zur sechsblättrigen Rose in der Mitte, die für das Paradies steht und die Überwindung der Zeit.


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Der Hauptmann und das Mädchen

Trompeterbücher kannte jedes Kind in der DDR. Handlich und dünn verhalfen sie Grundschülern zur Lust am Lesen und von Märchen über kindgerechte Klassiker bis zu sozialistischer Propagandaliteratur war alles im Angebot. Nummer 75 hieß „Kathrins Donnerstag“ und der Autor Gotthold Gloger erzählte darin eine Geschichte, die sich in Magdeburg zutrug.

Am Morgen des 13. März 1969 machte sich der aus der ukrainischen Stadt Charkiw stammende Fliegeroffizier Igor Belikow von seiner Zerbster Kaserne aus auf den Weg in die Bezirksstadt. Zu früh angekommen für seinen Arzttermin, schlenderte er durch die Innenstadt, wo ihn eine Menschentraube vor einem Wohnhaus anhalten ließ. Im fünften Stock hing ein vierjähriges Mädchen nur noch mit einer Hand am Fenstersims. Der Hauptmann stürzte hinzu, riss sich den Mantel vom Leib und konnte das Kind in letzter Sekunde auffangen.

Wie sich herausstellte, hatte die Mutter sich im frisch belieferten Feinkostgeschäft des Hauses angestellt, während das Kind auf den Fenstersims geklettert war und schnell den Halt verlor. Trotzdem sich die DDR-Führung diesen propagandistischen Coup nicht entgehen ließ, genoss Hauptmann Belikow hohes Ansehen in der Bevölkerung und besuchte die Stadt auch nach 1989 immer wieder. Heute erinnert eine Bronzeplastik von Heinrich Apel an das Ereignis. Auf der Rückseite ist der berühmte rettende Mantel zu sehen.


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Zaubertheater am Faden

Puppentheater gibt es überall auf der Welt, Puppenspielerdynastien auch. Eine der bekanntesten in Deutschland war die der Familie Schichtl, die sich bis ins achtzehnte Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Ursprünglich aus Süddeutschland stammend, bespielten Generationen von Schichtls deutsche Jahrmärkte, Messen und Festplätze und reisten mit ihren Puppen und aufwändig gestalteten Theaterzelten durch alle Provinzen. Anfang des 20. Jahrhunderts gelangte mit Xaver Schichtl einer der berühmtesten Puppenspieler seiner Zeit nach Magdeburg.

Hier richtete er eine Werkstatt ein und spielte mit seinen Marionetten erstmals auch in Schulen. Später mietete er ein Kellergewölbe in der Prälatenstraße, wo dann an Wochenenden Märchen für Kinder und Stücke für Erwachsene aufgeführt wurden. Pünktlich jedes Jahr zum Weihnachtsmarkt strömte Groß und Klein auf den Domplatz und in Schichtls große Schaubühne, um sich von Märchenfiguren, wagemutigen Jongleuren, einem Dompteur nebst riesigem Hund, russischen Musikanten und chinesischen Tänzerinnen verzaubern zu lassen. Manche Puppen waren so komplex gebaut, dass sie von bis zu sechs Spielern geführt wurden. Unvergessen für alle waren die Vorstellungen mit der Zauberbrille, einer Illusion in 3D, die damals spektakulär und einzigartig war.

Wegen des Krieges gingen die Schichtls zurück nach Süddeutschland. Das Puppentheater aber hatte sich in Magdeburg etabliert und Schichtls Puppen kann man heute neben anderen wunderbaren Schaustücken in der FigurenSpielSammlung der Villa P. bewundern.


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Die bunte Stadt

Knallblaue Fassaden, abgesetzt mit sattem Rot, neben feurigem Chromoxidgrün über gelb und schwarz: am expressionistischen Gesamtkunstwerk Otto-Richter-Straße im Stadtteil Sudenburg schieden sich schon früh die Geister. Aber nicht erst mit diesen Orgien in starken Farben, die auf ein Konzept des Architekten Bruno Taut zurückgehen, wurde Magdeburg als Stadt des Neuen Bauens bekannt.

Den Auftakt dazu machte um 1910 die Errichtung der Gartenstadt-Kolonie Reform und schon hier setzte Taut starke Akzente. Mit der Gründung des Bauhauses und der Wahl von Hermann Beims zum Bürgermeister ging es 1919 dann richtig los. Beims musste die Wohnungsnot der Nachkriegszeit lindern, ernannte Taut zum Stadbaurat und holte Architekten der Avantgarde nach Magdeburg. Mit Tauts Generalbebauungsplan entstanden bunte Großstadtsiedlungen, mit aufgelockerter Struktur und für damalige Verhältnisse großzügig gestalteten Wohnungen. Grünanlagen, Kinderspielplätze und gute Luft gehörten zum sogenanntem Außenwohnraumkonzept dazu.

Solitäre wie das nicht mehr erhaltene Haus Barasch auf dem Breiten Weg mit seiner spektakulär bemalten Fassade, interessant geformte Stadtmöbel wie die Zeitungskioske an der Strombrücke und dem Breiten Weg, aber auch Normaluhren oder Werbetafeln: alles folgte dem Konzept der neuen Farbigkeit. Vieles ist leider nur noch auf Fotografien zu sehen, das Erhaltene zeugt aber bis heute von einer bedeutenden Ära innovativen Städtebaus.


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3 x Eulenspiegel bitte

Als Till Eulenspiegel das erste Mal nach Magdeburg kam, eilte ihm sein Ruf schon voraus und die Magdeburger Bürger wollten etwas ganz Außerordentliches erleben. Er versprach ihnen, vom Rathauserker herunterzufliegen, ging auch hinauf, wedelte mit den Armen und ließ sich von den Bürgern offenen Mundes bestaunen. Dann aber lachte er sie aus, nannte sie närrisch und verließ eilends die Stadt.

Vielleicht nahmen sich über die Jahrhunderte hinweg einige Leute das Ereignis zu Herzen, jedenfalls wird heute gleich an drei Plätzen in der Stadt an ihn erinnert. Zuerst natürlich am Eulenspiegelbrunnen auf dem Alten Markt, den der bekannte Künstler Heinrich Apel 1970 geschaffen hat. Von ihm stammt auch eine Bronzetür am Rathaus, auf der ganz im Stil mittelalterlicher Vorgänger Szenen aus der Stadtgeschichte abgebildet sind, darunter die besagte Eulenspiegelei. Eine dritte Figur findet sich an der Rückseite des Roland-Denkmals, wo sich der Narr heimlich über die hehre Würde des karolingischen Helden lustig macht.

Werke von Heinrich Apel, der seit 1959 in der Elbestadt tätig und auch als Restaurator am Dom beschäftigt war, findet man über ganz Magdeburg verstreut. Brunnen, Skulpturen, Plastiken, aber auch witzige Türklinken am Dom, dem Liebfrauenkloster und der Kirche St. Sebastian prägen seither das Stadtbild. Wer mag, kann sich zu einer Entdeckungstour auf den Heinrich-Apel-Wanderweg begeben.


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„Diß Hauß stehet in Gottes Handt.
Zur güldenen Sonn wird es genant.“

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es in Preußen zur Festlegung der Straßennamen und der ordentlichen Durchnummerierung der Häuser. Eine Erleichterungen für jeden, gab es vordem doch keine Hausnummern, dafür Straßen, die im Verlauf oft ihren Namen wechselten. So entstanden schon früh sogenannte Hauszeichen, die über den Eingängen angebracht den Gebäuden ihren Namen gaben. Praktischerweise ließ sich mit ihnen auch kräftig Werbung für Wirtshäuser und Werkstätten machen.

Und so finden wir in Magdeburg neben ganz normalen Hauszeichen wie dem „Zur grünen Tanne“ oder „Zum schwarzen Raben“ das einer Badestube am Knochenhauerufer, nicht ganz geschickt „Zur harten Bank“ genannt. Einem anderen Bader gelang es besser und er hieß sein Haus „Zur nackten Magd“. Die ganze Stadt wurde zu einem Bilderbuch, mit verwirrend vielen Adlern, Löwen oder Kronen. Abheben konnte man sich nur mit Absonderlichkeiten, die man heute schwer versteht, wie dem Brauhaus „Zum goldenen Bein“ oder dem Haus „Zum weißen Knie“.

Auch das Haus „Zur goldenen Sonne“ gehörte einem Brauer und stand auf dem Grundstück Stephansbrücke 25. Neben anderen ist sein Hauszeichen heute in einem Durchgang am Alten Markt zu sehen, weitere sind dort während der frühen Wiederaufbauphase in neue Häuser eingelassen worden.


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Das sich einem Stein solt erbarmet haben

Da sitzt sie in der Vorhalle der Johanniskirche, still, mit tief geneigtem Haupt unter der Stadtkrone: die Trauernde Magdeburg, Nachguss einer Begleitfigur des Wormser Lutherdenkmals, der 1906 als Geschenk des Fabrikbesitzers Eugen Polte in die Stadt kam. Betrübnis und Leid umhüllen sie wie ihr Mantel, das gesenkte Schwert in der Rechten ist stumpf – Allegorie auf das Schicksal der protestantischen Stadt, der jungfräulichen Braut, die sich im Dreißigjährigen Krieg dem katholischen Kaiser und seinem Feldherrn Tilly verweigerte und dafür in der Magdeburger Hochzeit aufs Bitterste büßen musste. Zwanzigtausend Menschen überlebten das dreitägige Massaker im Mai 1631 nicht, das beispiellos selbst in diesem beispiellosen Krieg war.

Auch die Johanniskirche wurde damals von der wildgewordenen Soldateska geplündert und niedergebrannt. Die Stadt erholte sich lange nicht und fand nie wieder zu ihrer einstigen Größe zurück. Doch 1696 war die Johanniskirche wieder errichtet und blieb unversehrt, bis am 16. Januar 1945 ein anderes Inferno sie erneut in Schutt und Asche legte. Inmitten der Trümmer trauerte die unbeschädigt gebliebene Magdeburg aufs Neue um ihre Kinder. Erst der Wende und einer engagierten Bürgerschaft ist es zu verdanken, dass die Johanniskirche wieder in hellem Glanze steht, mit neu gestalteten Glasfenstern des Dresdner Künstlers Max Uhlig.


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Eine neue Tangoplatte und ein Glas Likör

So hieß ein Lied von Willy Rosen, der einer der bekanntesten Unterhaltungskünstler der goldenen Zwanziger und in Magdeburg geboren war. Sicher wurde es auch in den vielen Cafés und Tanzdielen der Stadt gespielt. Das seit der Gründerzeit boomende Magdeburg war eine Hochburg des Amüsierbetriebs. Es gab riesige Säle wie den Admirals-Palast oder die Central-Halle und eine unübersehbare Zahl von Lokalen mit und ohne Tanzbetrieb. An einem Tag vom Hasselbach- bis zum Kaiser-Wilhelm-Platz in jede Restauration einzukehren und etwas zu trinken, war nicht zu schaffen.

Zu Freilichtveranstaltungen im Herrenkrug fanden bis zu 12.000 Menschen Platz, man besuchte die Pferderennbahn oder den Circus Blumenfeld. Zu den Glanzzeiten der Ufa gingen wöchentlich 75.000 Magdeburger in Kinos wie das „Panorama“ oder die „Clou-Lichtspiele“. Allein auf dem Breiten Weg gab es fünf, in der ganzen Stadt sollen es 33 gewesen sein, in denen man Stars wie Henny Porten erleben konnte, die auch aus der Elbestadt stammte.

Mit Kriegsende war alles vorbei, Willy Rosen und die Blumenfelds in den Lagern ermordet, die Etablissements zerstört und die Menschen mit dem Überleben beschäftigt. Die Eröffnung des bald äußerst beliebten Café Prag war 1948 ein vorsichtiger Neuanfang auf dem langen Weg zurück in die Normalität.


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Kakteen an Hartguss

Kugelrund ist er, kann bis über einen Meter hoch werden und seine vielen scharfstacheligen Rippen tragen auf dem Scheitel hübsche sonnengelbe Blüten, nach denen der Echinocactus grusonii auch Goldkugelkaktus genannt wird. Er ist einer der beliebtesten Zimmerkakteen und außerdem mit Magdeburg verbunden, wie Kenner schon an der lateinischen Benennung sehen können.

Namensgeber war der Ingenieur, Unternehmer und Philanthrop Hermann Gruson, der im 19. Jahrhundert maßgeblich am industriellen Aufstieg Magdeburgs beteiligt war. Hineingeboren in eine prominente hugenottische Familie, ging er nach naturwissenschaftlichen Studien in Berlin zu August Borsig und lernte dort nicht nur den Maschinenbau, sondern auch Borsigs Leidenschaft für exotische Pflanzen kennen: eine Prägung fürs ganze Leben.

Mit Grusons Erfindung eines besonderen Hartgusses reüssierten die in Magdeburg gegründeten Grusonwerke zu einem der wichtigsten Standort der deutschen Rüstungsindustrie. Daneben beschäftigte der Unternehmer sich intensiv mit vor allem tropischer Botanik und trug eine umfangreiche Sammlung exotischer Pflanzen zusammen; die Kakteensammlung zählte zu den bedeutendsten weltweit. In seinem Testament stiftete er Gewächshäuser und Pflanzen seiner Geburtsstadt unter der Auflage, sie allen Magdeburgern zugänglich zu machen. Diese Schenkung und eine hohe Summe zu deren Unterhalt bescherten Magdeburg mit den Grusonschen Gewächshäusern eine wunderbare Stadtoase. Zu seinem 200. Geburtstag 2021 wurde Grusons prachtvolles Grab saniert, das man auf dem Südfriedhof besuchen kann.


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Heiliger Wächter am Kaisergrab

Über dreißig Mauritius-Abbildungen zählt der Magdeburger Dom. Kein Wunder, war er doch der Lieblingsheilige Ottos I. Seine Lanze, die einen Nagel vom Kreuze Christi enthalten haben soll, sei bei der Schlacht auf dem Lechfeld ausschlaggebend für die endgültige Vertreibung der Ungarn gewesen. Prompt wurde Mauritius, ein früher Märtyrer und Anführer der Thebäischen Legion, zum Schutzpatron der deutschen Kaiser, des Reichs und des Erzbistums Magdeburg, die Lanze hingegen zum ältesten der Reichskleinodien.

Im Hochchor findet sich das eindrücklichste Abbild des Heiligen. Die Skulptur, um 1240 geschaffen, gilt als erste realistische Darstellung eines Schwarzafrikaners nördlich der Alpen. Ihre atemberaubende Lebendigkeit legt nahe, dass der Bildhauer dunkelhäutige Menschen gekannt haben muss. Von der Hand zu weisen ist das nicht, zählten doch zum sizilischen Hofstaat Friedrichs von Hohenstaufen sowohl Araber als auch Afrikaner. Chroniken berichten, dass der Kaiser sich 1235 zum Hoftag nach Mainz von dunkelhäutigen Musikern und Soldaten begleiten ließ, die große Faszination auslösten.

Die Skulptur, erst 1834 bei der Domrestaurierung in einem Verschlag in der Chorkapelle gefunden, ist nur noch in Teilen erhalten. Im Dommuseum zeigt eine mittels 3D-Drucker erzeugte Nachbildung, wie umwerfend und magisch das Original, in goldenem Kettenhemd mit Schwert, Schild, Fahne und Lanze, gewirkt haben muss.


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Von Elchen und Einhörnern

Wildschweine, Waschbären und Wölfe sind heute mehr oder weniger häufig in oder am Rand der Städte zu finden. Dass aber ein ausgewachsener Elch im September 2021 nahe Magdeburg gesichtet wurde, weit entfernt von seiner ursprünglichen Heimat, verursachte Staunen und gab Rätsel auf. War der einzig bekannte Magdeburger Elch doch der prächtige Doppelschaufler im Naturkundemuseum.
Wenigstens handelte es sich beim Elch an der Kreuzhorst um ein wirklich existentes Tier, wie auch viele echte Fossilien, vor allem aus dem Naturraum Sachsen-Anhalts, in den Sammlungen aufbewahrt und zu sehen sind. Mit einer Ausnahme.

Im Jahr 1663 erhielt die Fürstäbtissin von Quedlinburg eine seltsame Gabe: ein großer Schädel, mehrere Knochen und ein langes Horn waren beim Gipsabbau auf zum Kloster gehörendem Land gefunden worden. Ein paar Jahre später versuchte sich der Magdeburger Naturwissenschaftler und Diplomat Otto von Guericke an einer Rekonstruktion des vermeintlich beim Bergen zerbrochenen Skeletts. Oder bastelte doch Gottfried Wilhelm von Leibnitz, der es später zeichnete und beschrieb, als Erster am verschollenen Wundertier herum? Wir wissen es nicht.
Höchstwahrscheinlich jedoch ist das Sagenwesen eine äußerst phantasievolle Komposition aus dem Stoßzahn eines Narwals, dem Schädel eines Wollnashorns und den Knochen eines Wollmammuts. Ein Unikum, dieses Unicorn.


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In meinem Kopffe spuckten schon muntrere Töngens

Das schrieb der junge Telemann, erschreckt von der phantasielosen Steifheit seines Orgellehrers. Und sah sich nach einem neuen um, trotzdem seine verwitwete Mutter und deren Berater höchst ungehalten über die Interessen des Knaben waren. Schien doch die Musik keine wirklich gute ökonomische Lebensgrundlage für den Vaterlosen zu sein.

Als Telemann 1681 in der Domstadt zur Welt kam, erholte sich die Stadt langsam wieder, nach Krieg und Pest. Der Pfarrerssohn besuchte die Altstädter Schule, eine der ersten Lateinschulen Deutschlands, und begann schon früh, sich autodidaktisch mit der Musik zu befassen. Viel Grundlegendes gab Magdeburg ihm mit: das Französische zum Beispiel, das er von den zugewanderten Hugenotten lernte. Und die Liebe zur deutschen Dichtung, die ihm der Rektor der Domschule vermittelte, zu der Georg Philipp später wechselte.

Seine ersten Kompositionen soll der Knabe dem Publikum vorsichtshalber unter Pseudonym zu Gehör gebracht haben, so als Zwölfjähriger die Oper Sigismundus, in der er auch mitwirkte und „selbst meinen Held ziemlich trotzig vorstellte.“ Das war der Mutter endgültig zu viel und sie schickte ihn nach Zellerfeld. Aber es war schon zu spät und Telemann auf dem Weg zu einem vielbeschäftigten und berühmten Compositeur des deutschen Barock.


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In guten wie in bösen Tagen

Die Glocken aller Altstadtkirchen läuteten, als Otto von Guericke im Juni 1684 in der Johanniskirche beigesetzt wurde. Über 83 Jahre lang hatte er sein Leben in den Dienst der Geburtsstadt gestellt, als Jurist, Ratsherr und Festungsbauer, Diplomat, Kämmerer und Bürgermeister. So kam es nicht von ungefähr, dass ihm die dankbare Bürgerschaft ein Staatsbegräbnis ausrichtete.

Besieht man seine Lebenszeit, ist es beinahe unbegreiflich, was der geniale Naturwissenschaftler und unermüdliche Fürsprecher Magdeburgs alles hineingepresst hatte. Gerne verknüpfte er diplomatische Missionen, die ihn an den Verhandlungstisch zum Westfälischen Frieden oder auf den Reichstag nach Regensburg führten, mit Demonstrationen physikalischer Experimente, die hoch und niedrig erstaunten und Magdeburg in die Annalen der Wissenschaft einschrieben.

Er brillierte in Astronomie, Elektrizitätslehre und Kosmologie, baute am städtischen Rathaus mit dem Magdeburger Wettermännchen ein zehn Meter hohes Barometer und erfand die Kolben- und eine Reiseluftpumpe. Auf den 1632 von ihm gefertigten maßstäblichen Stadtplan wurde noch nach dem II. Weltkrieg zurückgegriffen.
Und natürlich das legendärste Experiment von allen: Wie spektakulär es den verblüfften Zuschauern damals erscheinen musste, konnten die Teilnehmer des Ärztetages im Magdeburger Elbauenpark erleben, als unter strömendem Regen zwölf starke Pferde die berühmten Halbkugeln auch im Jahr 2006 nicht auseinander ziehen konnten.


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Ganz in weiß mit einem Blumenstrauß

Brücken prägen oft das Gesicht einer Stadt und ihre Geschichte. Eine Brücke bei Magdeburg wird zum ersten Mal im Juli 1275 erwähnt, als sie während einer Prozession nachgab und einstürzte. Dreihundert Personen sollen dabei zu Tode gekommen sein. Damals war die heutige Alte Elbe noch der Hauptarm des Flusses.

Viele Brücken querten die Elbe im Lauf der Zeit, so die Lange Brücke, die durch Tillys Truppen zerstört wurde, und parallel dazu die Kurze Brücke, die immer wieder durch Eisgang Pfeiler verlor. Die Strombrücke führte im 18. Jahrhundert über den gleichnamigen Elbarm und wurde später durch eine Eisenkonstruktion ersetzt. Und natürlich wurde die Zollelbe von der gleichnamigen Brücke gequert, die mit vier allegorischen Figuren geziert ist.

Viele dieser Brücken fielen der Sprengwut kurz vor Ende des letzten Weltkriegs zum Opfer. So auch die Hubbrücke, die hier zu sehen ist. Ursprünglich 1848 als eingleisige Eisenbahnbrücke errichtet, musste sie wegen der zunehmenden Höhe und Breite der Elbschiffe mehrfach umgebaut und angehoben werden. Heute ist sie als technisches Denkmal stillgelegt und nur noch von Fußgängern zu begehen. Dafür finden auf ihr alle Arten von Festlichkeiten statt, nicht zuletzt das White Brücken Dinner, aber auch Hochzeiten, bei denen sich das Brautpaar mit Ausblick auf den Fluss romantisch das Eheversprechen gibt.


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Calvin am Knattergebirge

Auch wenn französische Namen in Magdeburg nicht ganz selten sind, wissen heute nur wenige, dass die Stadt einst die zweitgrößte Hugenottenkolonie auf deutschem Boden beherbergte. Nach dem Potsdamer Edikt von 1685, das französische Glaubensflüchtlinge in Preußen willkommen hieß, war Magdeburg erste Station für reformierte Franzosen und Wallonen aus Süddeutschland, die sich hier vor den Truppen des katholischen Sonnenkönigs in Sicherheit brachten.

Um die 3.500 Hugenotten erhielten vom Kurfürsten die Erlaubnis eigener Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Bürgergarde, dazu freie Ausübung des Glaubens und allerlei wirtschaftliche Privilegien. Dafür sollten sie die von Krieg und Pest immer noch verwüstete Altstadt zu neuer Blüte bringen. Die Reformierten waren anfangs durchaus arm, arbeiteten als Strumpfwirker oder Handschuhmacher. Auch wurden sie von den lutherisch geprägten Einheimischen scheel beäugt: nicht nur, weil man sie als andersartige Fremde und calvinistische Ketzer betrachtete, sondern auch, weil bei ihnen unerhörterweise oft die Frauen dem Haushalt vorstanden.

Eine der ihnen zugewiesenen Kirchen war die des ehemaligen Augustinerklosters, in der einst sogar Luther gepredigt hatte. Heute ist sie als Wallonerkirche bekannt und von ihrer Spitze leuchtet im Advent, aus vierzig Meter Höhe, ein Weihnachtsbaum über der Stadt. Die Hugenotten wurden Magdeburg zum Segen. Die Coquis, Guischards und Grusons bauten Zuckerraffinerien, Fayence-Manufakturen und Eisengießereien und brachten es vielfach zu Wohlstand und Ansehen.


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320 Tonnen Schifffahrtsgeschichte

Als die „Württemberg“, der letzte Radschleppdampfer auf der Elbe, im April 1974 ihre Abschiedsfahrt in die Tschechoslowakei antrat, hatte sie in über sechzig Jahren 800.000 km zurückgelegt und zwei Milliarden Tonnenkilometer transportiert. Gebaut 1908/1909 in Roßlau, schleppte das Schiff für die Neue Deutsch-Böhmische-Elbeschiffahrt Dresden und nach deren Enteignung 1947 für den VEB Binnenreederei Berlin Lastkähne zwischen Hamburg und Ústí nad Labem.

Seitenradschlepper konnten bis zu zehn Kähne hinter sich her ziehen, die zwischen 700 und 1.300 Tonnen schwer waren. Mitunter wurden sogar zwei Schlepper vor den Tross gespannt. Da sie nur ungefähr einen Meter Tiefgang hatten, waren sie für die Elbschiffahrt hervorragend geeignet. Älteren werden die Kähne vielleicht noch in Erinnerung sein, die Salz von Schönebeck nach Neštěmice transportierten und auf dem Rückweg nach Magdeburg mit Steinkohle beladen waren.

Auf ihrer Abschiedsfahrt standen Hunderte Zuschauer in den alten Schifferorten entlang der Elbe, um der Württemberg ein letztes Lebewohl zuzuwinken, in Dresden sollen es sogar Tausende gewesen sein. Heute liegt der Dampfer am Magdeburger Rotehorn, umgerüstet als Museumsschiff und wieder in den ursprünglichen Zustand von 1909 zurückversetzt. Neben Kessel- und Maschinenraum zeigt er auch eine Ausstellung zur Geschichte der Elbschifffahrt.


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Paradies mit Himbeereis

Die Architektur sei, nach der natürlichen und der Kleidung, die dritte Haut des Menschen, befand Friedensreich Hundertwasser. Vielleicht liegt in dieser Überzeugung auch der Grund, warum der Künstler in einem wütenden Manifest zur „schöpferischen Verschimmelung“ der gegenwärtigen Architektur aufrief. Alles sei der krankmachenden Linie unterworfen, die Menschen in modernen Mietquartieren wie Hasen in Käfigkonstruktionen gefangen halte und damit jeder Individualität und Gestaltungsmöglichkeit beraubt, wetterte er dort.

Das kann man vom Hundertwasserhaus am Magdeburger Domplatz nicht behaupten. Die grüne Zitadelle kennt keine Linien, Geraden oder scharfen Ecken. Dafür gibt es für die Bewohner ein Fensterrecht, das ihnen die individuelle Gestaltung von deren unmittelbarer Umgebung erlaubt; und eine Baumpflicht, die von ihnen die Pflege der insgesamt über 170 aus gleichsam tanzenden Fenstern schauenden Exemplare verlangt, die tatsächlich ebenso Mieter geheißen werden wie ihre menschlichen Nachbarn.

Das Haus wirkt inmitten der modernen Innenstadtbebauung wie ein mit Himbeereis übergossenes, verwunschenes Märchenschloss, dessen Türme über begrünten Dächern goldene Kugeln tragen, Zwiebeln gleich: für Hundertwasser die Frucht des Paradieses, das er mit seinem letzten Werk den Magdeburgern erbauen wollte.


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„Auf die Fürbitte meiner lieben Editha hin“

Das ließ der des Lesens und Schreibens unkundige Kaiser Otto I. unter manche Urkunde setzen, Zeichen der Liebe zu seiner ersten Frau, die er – ganz ungewöhnlich für Zeit und Amt – sechs Jahre lang betrauerte und neben der er sich bestatten ließ.

Dabei war Editha oder Eadgyth of Wessex, wie sie eigentlich hieß, im Doppelpack mit der jüngeren Schwester Eadgifu und „Schößen voller Gold“ an den Hof des Sachsenkönigs Heinrich gesandt worden. Sohn Otto konnte unter den beiden Enkelinnen des großen Alfred wählen und der Siebzehnjährige entschied sich so schnell, dass die Chroniken von Liebe auf den ersten Blick sprachen.

Die gebildete und in einem sehr viel moderneren als dem liudolfingischen Haushalt groß gewordene Editha gewann schnell die Herzen der Magdeburger, durch ihre Großzügigkeit, ihren Charme, ihren anmutigen Charakter und eine wahrhaft königliche Erscheinung. So groß wirkte diese Zuneigung durch die Jahrhunderte, dass die Magdeburger der Fürstin noch heute enger verbunden sind als ihrem Gemahl.

Der soll nach ihrem viel zu frühen Tod sogar noch Lesen gelernt haben und ließ ihren Todestag als einen jährlichen Gedenktag begehen. Wie ihre Lieblingsstadt, die nun regelmäßig ein Editha-Fest ausrichtet.


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2

Trutziger Paradiesgarten und lichter Klangraum

Betritt man den Kreuzgang des Klosters Unserer lieben Frau, öffnet er sich mit mehr als 32 Arkaden zum Innenhof. Viele der Säulen, die die Bögen teilen, sind rund, manche vier- oder mehreckig. Wie in einem exotischen Garten tragen sie eine reiche Auswahl verschieden geformter Kapitelle, mit vielerlei Blattwerk, Palmetten und Rosetten geziert, oder das für die Magdeburger Romanik so typische Würfelkapitell. Auf die Spitze getrieben wird diese Manier romanischer Baumeister im anschließenden runden Lavatorium, wo vierfach gebündelte Säulchen auf kompakten Basen ruhen und mit aufwändig gearbeiteten Kapitellen versehen sind.

Als Erzbischof Gero um das Jahr 1017 herum in Magdeburg ein Kollegiatsstift gründete, konnte er nicht ahnen, dass sich auf die nächsten tausend Jahre an diesem Kloster Segnungen und Fährnisse europäischer Sakralkultur erfahren ließen. Trotz vielfältiger Um- und Anbauten und mancher Zerstörung durch Brand und Krieg wurde das zweite Mutterkloster der Prämonstratenser wie ein Wunder durch die Zeit getragen und zum ältesten erhaltenen Gebäude der Stadt.

Was man heute findet, ist ein Ensemble, in dem sich Romanik und Gotik mit der Moderne vermählen, sind berückende architektonische Details wie das alte Kreuzgratgewölbe oder die neue gefältete Dachhaut aus Baubronze über einem Haus, das mit dem Museum für neue Kunst und einem wunderbaren Klangraum in der Klosterkirche einen exquisiten kulturellen Mittelpunkt Magdeburgs bildet.


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Die mächtige Maid

„Eine Burg mit zwei spitzen Türmen, offenem Tor und hochgezogenem Fallgitter; zwischen den Türmen eine Jungfrau, die in der erhobenen Rechten einen Kranz hält.“

So sagen es Heraldikbücher und offensichtlich spiegelt sich die Jungfrau, mittelhochdeutsch Maid oder Magd, im Namen der Stadt wider. Doch tut sie das wirklich?

Die Sage berichtet von einer Grenzburg, die Julius Caesar an der Elbe hatte errichten lassen. Und von der naheliegenden Ortschaft, der der Feldherr einen Diana-Tempel stiftete. Nach dieser Kultstätte der jungfräulichen Göttin habe die Stadt den Namen Parthenopolis erhalten, was zu deutsch Jungfrauen- oder Mägdestadt bedeutet. Leider war Caesar aber nie weiter als bis zum Rhein gekommen.

Linguisten vermuten, dass der ältere, zur Zeit Karls des Großen gebräuchliche Name Magadoburg „mächtige Burg“ bedeuten könnte. Was wir wissen: Schon 1244 zeigt das früheste auf uns gekommene Stadtsiegel eine Jungfrau auf einem Wall zwischen zwei Türmen. Der Kranz als Zeichen ihrer Unberührtheit wird bald hinzugefügt, ebenso das hochgezogene Fallgitter und die weit geöffneten Tore. Deren einladende Geste hat der Stadt großen Reichtum und großes Leid gebracht. Heute ist sie zu einem freundlichen Zeichen für eine neue, offene Urbanität geworden.