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Vom Urvogel in die Druckerpresse
In Spiegelschrift schreibt ein kleiner Junge den Namen Alois Senefelders auf den steinernen Sockel, im Spiegel betrachtet hat alles dann seine Richtigkeit.
Das Denkmal aus Carrara-Marmor am Senefelderplatz hat sich die Gewerkschaft der Druckereiarbeiter schon etwas kosten lassen. Dabei hat Senefelder die Erfindung, für die er hier geehrt wird, einem einfachen Kalkstein zu verdanken.
Ein Spaziergang während eines Regentages im Jahre 1796 verhalf dem erfindungsreichen Theaterschriftsteller zu einer bahnbrechenden Idee. Senefelder hatte auf einem feuchten Kalkstein den Abdruck eines Blattes entdeckt und begann daraufhin mit Tinten und plan geschliffenen Steinen zu experimentieren. Da in seiner Heimatstadt München die Hausflure oft mit Kalkschieferplatten geflastert wurden, waren solche Steine leicht zur Hand. Er bezeichnete sie mit selbst zusammengerührten fetthaltigen Tinten, ätzte diese mit Salpetersäure und erfand nach zahlreichen Versuchen ein vollkommen neues Druckverfahren: die Lithografie (lithos: Stein graphein: schreiben). Während Holzschnitt und Buchdruck mechanische Hochdruck-, Kupferstich und Radierung Tiefdrucktechniken sind, entwickelte Senefelder mit dem Steindruck das erste chemische Flachdruckverfahren basierend auf der Abstoßung von Fett und Wasser. Kalkstein aus dem süddeutschen Solnhofen, in dem sich neben zahllosen Fossilien auch der Federabdruck eines Archaeopterix im Berliner Naturkundemuseum bewahrt hat, erwies sich wegen seiner Feinkörnigkeit als ganz besonders geeignet.
Ob Noten, Landkarten, Briefmarken, Banknoten, Flugblätter, Zeitungen oder Kunst, alles konnte plötzlich in viel höherer Auflage und vor allem preiswerter gedruckt werden. Als Senefelder schließlich Metallplatten verwendete, schuf er damit die Grundlage für den Offsetdruck.