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Schwerter zu Pflugscharen

Anfang November 1989 bedeckte ein Meer brennender Kerzen den Vorplatz der Gethsemanekirche und wurde zum Symbol des gewaltfreien Protestes. An diese Tage und an die Ursprünge der DDR-Demokratiebewegung erinnert heute an einer Außenwand der Kirche die expressionistische Bronzefigur des „Geisteskämpfers“ von Ernst Barlach.
In beiden Händen hält der Erzengel Michael sein langes Schwert. Mit bloßen Füßen auf dem Rücken des wolfsähnlichen Tieres scheint er fast zu schweben. Barlach selbst beschreibt das Denkmal in einem Brief als „… äußere Darstellung eines inneren Vorgangs. […] Das nach oben strebende trennt sich vom erdig-horizontalen…“, wobei der Sockel symbolisch für das materielle Sein, das Tier für die irdisch-triebhafte Existenz, der Engel für das Seelisch-geistige und das Schwert für die unerschütterliche Glaubenskraft steht.
Der erste Guss des Denkmals wurde bereits 1928 an der Heiligengeistkirche in Kiel enthüllt. Da Barlach schon damals mit Anfeindungen von rechts zu kämpfen hatte, erfolgte dessen Aufstellung heimlich und ohne Weihe und Feier. 1938, ein Jahr bevor der Künstler krank und verbittert starb, wurden sowohl der schwebende Engel im Güstrower Dom abgehängt als auch der „Geisteskämpfer“ entfernt. Wiederholte Versuche, die Bronzefigur einzuschmelzen, konnte der einstige Mitarbeiter Barlachs, Bernhard Böhmer, durch eine geschickt getarnte Kaufaktion verhindern. Um die Skulptur zu retten, zersägte er sie in vier Teile. In Kisten verpackt überlebte sie so in einem Schuppen in der Lüneburger Heide und kehrte 1954 nach Kiel zurück. Aus ihrer Abformung erfolgte 1990 der Guss des Berliner Exemplars.