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Wohnen mit Vision
Eine Idee lebt hier – in den Gründerzeithäusern aus rotem Klinker zwischen Buchholzer- und Greifenhagener Strasse, Schönhauser und Pappelallee. Es ist die Idee des Sozialreformers und geistigen Wegbereiters der deutschen Genossenschaftsbewegung Victor Aimé Huber, der mit seiner Frau Auguste dort um 1850 fünfzehn Landhäuser mit Gärtchen für lohnabhängige Familien errichten ließ. Die Siedlung nannten sie „Bremer Höhe“, denn der Schwiegervater Hieronymus Klugkist, seines Zeichens Senator in Bremen, gab Geld dazu.
Die Industrialisierung schritt voran und mit ihr die Wohnungsnot. Dicht an dicht schossen die berüchtigten, engen Mietskasernen aus dem Boden. Mit vielen Hinterhöfen hintereinander, die nur so groß zu sein brauchten, das eine Feuerwehrspritze dort wenden konnte. Die Mieter zogen schon ein, wenn auf den Gerüsten noch die Fassadenputzer zugange waren, was sich bald als „Trockenwohnen“ im Berliner Sprachschatz wiederfand. Um Geld zu sparen, vermieteten die Bewohner Teile ihrer Wohnung an sogenannte Schlafgänger, die, wenn sie zur Schicht gingen, das noch warme Bett für den nächsten frei machten. Bis zu 30 Menschen lebten so in einer einzigen, meist kalten und feuchten Wohnung.
Währenddessen behielt die „Bremer Höhe“ ihr paradiesisch anmutendes Wohnkonzept bei. Da die Kleinhäuser durch die Industrialisierung bald überholt waren, baute die von Huber mitgegründete „Berliner Gemeinnützige Baugesellschaft“ an ihrer Stelle einen Komplex stattlicher Gründerzeithäuser mit damals hohem Wohnkomfort und begrünten Höfen zur Selbstversorgung.
Nach Volkseigentum und staatlicher Wohnungsbaugesellschaft gründeten die derzeitigen Mieter 1999 die Wohnungsbaugenossenschaft gleichen Namens und kauften die Häuser mit dem „Bremer Höhe“-Medaillon an der Fassade – ein Refugium im Sinne Hubers.