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Von der Eckkneipe ins Café Achteck

Café Achteck nannten die Berliner die kleinen grünen Toilettenhäuschen. 30 von ehemals 142 Exemplaren stehen heute noch in der Stadt verstreut – ein rekonstruiertes findet man am Senefeldeplatz.
Bis ins 19. Jahrhundert gab es nahezu keine öffentlichen Toiletten. Bis dahin pinkelte man von den Brücken, obwohl das strafbar war, oder um 1734 in eine Urintonne, die an einem Portal des Stadtschlosses aufgestellt wurde und sich mit einem Ablauf direkt in die Spree entleerte. Kein Wunder, dass das Problem der Notdurft irgendwann auf dem Tisch des Stadtrates landete. Um es zu lösen, veranlaßte der Polizeipräsident Madai Anfang der 1870er Jahre das Aufstellen von Urinieranstalten. Die Berliner dankten es mit einem Spitznamen – Madai-Tempel nannten sie die Pissoirs, in denen zwei Männer Platz zum Pinkeln hatten. Die Häuschen reichten jedoch bald nicht mehr aus und der Stadtbaurat Rospatt erarbeitete 1878 einen neuen, rationellen Typ mit acht Ecken, in dem sich sieben Personen gleichzeitg erleichtern konnten. Die stilvoll mit floralen Mustern dekorierten Wände aus Gusseisen waren zudem in der Herstellung ganz modern. Man nutzte die Vorteile der in Berlin immer leistungsfähigeren Eisengießertechnik.
Natürlich war das ungerecht, denn nur Männer durften pinkeln. 1874 entstand zwar im Roten Rathaus die erste öffentliche Anlage für Frauen, doch erst 25 Jahre später Damen-WCs auf den Plätzen der Stadt.