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Leipziger Lerchen, so und auch anders

Man mag es kaum glauben, aber Nachtigallen (die Zungen!), Crammetsvögel, Schnepfen und liebliche Lerchen wurden auch in unseren Breiten seit frühester Vorzeit gejagt und spätestens seit dem Mittelalter mit Lust gegessen. Auch in Sachsen.

Besonders Leipzig wurde im 18. Jahrhundert zu einem Ort, wo man sie zu Hunderttausenden in den Flussauen fing und, natürlich, mit ihnen handelte. Mit Speck, Ingwer und Muskat gewürzt, eingewickelt in Lorbeerblätter und in zerlassener Butter gebraten, verspeiste man sie hier besonders gern, doch auch der sächsische Hof, die deutschen Länder und das nahe liegende Ausland waren begeisterte Abnehmer. Gerupft, in Papier gehüllt und in Kisten gut verpackt schickte man sie an die Kunden; beim Gourmet und späteren Vielesser August dem Starken schmückten sie die Hochzeitstafel.

Doch die Zeiten änderten sich, die Lerchenpopulation nahm immer mehr ab und viele Menschen fühlten sich unbehaglich. Die berühmte Kochbuchautorin Henriette Davidis empfahl zwar noch ein Rezept, bedauerte aber gleichzeitig die schönen Vögel.

Als König Albert 1876 die Lerchenjagd endgültig verbot, erdachte ein findiger Leipziger Bäcker schnell einen süßen Ersatz: kleine Teilchen aus Mürbteig, mit Mandeln, Nüssen und Erdbeerkonfitüre gefüllt und je zwei gekreuzten Teigstreifen verziert – Symbol für die Schnüre, mit denen man die Vögel einst zusammengebunden hatte. Nichts erinnerte an den ursprünglichen Geschmack, aber man nahm die Delikatesse dankbar an, die bis heute sehr beliebt ist, nicht nur in Leipzig.